Anfrage zur Änderung der Straßenausbaubeitragssatzung

Antwort des Rechtsamtes:

Im Zusammenhang mit Beschlussvorlagen zur Änderung der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Dessau-Roßlau fragen Sie an, auf welcher Grundlage die Bestimmung des § 4 Abs. 3 der aktuellen Straßenausbaubeitragssatzung beruht, und ob diese Regelung ggf. gestrichen oder – soweit gesetzlich geregelt – durch eigene Satzungsregelung abgeändert werden kann.

Hierzu zitieren Sie allerdings nur § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 der Satzung.

Doch sind diese Regelungen zwingend im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 Satz 1 zu sehen, Satz 3 bezieht sich ausdrücklich auch auf diesen.

§ 4 Abs. 3 Satz 1 der Straßenausbaubeitragssatzung bestimmt, dass Zuschüsse Dritter je hälftig auf den von der Stadt nach Abs. 2 und auf den von den Beitragspflichtigen nach Abs. 4 zu tragenden Anteil am beitragsfähigen Aufwand angerechnet werden, soweit es sich dabei um Zuschüsse des Landes Sachsen-Anhalt bzw. um solche privater Zuschussgeber handelt und der Zuschussgeber nichts anderes bestimmt hat.

Demgegenüber sind nach Abs. 3 Satz 2 andere öffentliche Zuschüsse, insbesondere aus solche aus Bundesmitteln, zunächst ausschließlich auf den Stadtanteil anzurechnen, sofern der Zuschussgeber nicht ausdrücklich eine andere Verwendung vorsieht.

Ferner ist in Satz 3 bestimmt, was geschieht, wenn der gewährte Zuschuss den Stadtanteil übersteigt.Wird der Zuschuss vom Land Sachsen-Anhalt oder privaten Zuschussgebern gewährt (Fall des Satzes 1), ist der Restbetrag zu Gunsten der Beitragspflichtigen anzurechnen.

Bei anderen öffentlichen Zuschüssen (z.B. Bund/EU, Fall des Satzes 2) gilt dies nur, wenn der Zuschussgeber dies zulässt.

Nun sieht etwa der Vorschlag der SPD-Fraktion eine Satzungsänderung in dem Sinne vor, dass alle Zuschüsse Dritter hälftig auf den von der Stadt nach Abs. 2 und auf den von den Beitragspflichtigen nach Abs. 4 zu tragenden Anteil am beitragsfähigen Aufwand angerechnet werden, soweit der Zuschussgeber nichts anderes bestimmt.

Gegen eine solche satzungsmäßige Gleichbehandlung von Landes- und beispielsweise Bundeszuschüssen bestehen rechtliche Bedenken.

Aus finanzwirtschaftlicher Sicht ist zu beachten, dass sich die Kommune nach § 99 KVG - neben der Inanspruchnahme von Zuweisungen - in der Rangfolge

- Erhebung von Abgaben,

- Erhebung von Entgelten für Leistungen,

- Erhebung von Steuern

finanziert.

Es besteht sowohl die Verpflichtung der Kommunen, einen ausgeglichen Haushalt herbeizuführen, wie auch die gesetzliche Verpflichtung zur Erhebung von Abgaben/Beiträgen, wie etwa Straßenausbaubeiträgen.

Insofern hat es das Bundesverwaltungsgericht auch in einem neuen Urteil vom 29.05.2019 (Az. 10 C 1.18) für zulässig erachtet, dass die Kommunalaufsicht einer Kommune mit Haushaltsdefizit nicht nur den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung einfordern durfte, sondern auch die in der kommunalen Satzung vorgesehene Aufteilung der Umlagesätze zu Lasten der Bürger in einer Satzung (Ersatzvornahme) höher festsetzen durfte und dies sogar mit rückwirkender Kraft.

Was die förderrechtliche/abgabenrechtliche Seite anbetrifft:

Es besteht kein Zweifel daran, dass eine Zuwendung nur dann den umlagefähigen Aufwand mindern kann, wenn sie für eine konkrete Ausbaumaßnahme zur Verfügung gestellt wird.

Pauschale Mittel (Finanzzuweisungen, FAG-Leistungen), auch des Landes Sachsen-Anhalt, sind nicht aufzuteilen.

In den anderen Fällen richtet sich die Möglichkeit, die Zuwendung eines Dritten zu Straßenbaukosten auch als Deckung des umlagefähigen Aufwands der Anlieger zu nutzen, nach dem Zweck, den der Dritter für seine Leistung bestimmt hat.

Dabei ist vorauszuschicken, dass die Unterscheidung zwischen Landeszuschüssen und sonstigen Zuschüssen (z. B. solche des Bundes oder der EU) nach der tatsächlichen Herkunft der Mittel richtet und nicht danach, wer die Mittel unmittelbar ausgereicht hat (in der Regel das Land).

Jeder Mittelgeber bestimmt eigenständig, zu welchem Zweck die Mittel verwandt werden dürfen.

Ferner ist durch Rechtsprechung anerkannt, dass etwa Zuwendungen aus Bundesmitteln nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, nach den Städtebauförderungsrichtlinien sowie Zuwendungen aus Mittel des europäischen Fonds für regionale Entwicklung nicht auf den Beitragsanteil anzurechnen sind.

Zudem spricht nach der Rechtsprechung bei öffentlichen Mitteln (Zuweisungen/Zuwendungen von Bund, Ländern, etc.) eine Vermutung dafür, dass diese zunächst zur Abdeckung der Eigen-/Gemeindeanteils, verwandt werden sollen, auch wenn dies nicht ausdrücklich bestimmt ist (z.B. OVG Münster, B. v. 28.03.1988, Az. 2 B 1442/87; VGH München, B. v. 08.01.2015, 6 ZB 13.577).

Diese Vermutungsregel findet nur in Sachsen-Anhalt zwar nur beschränkte Anwendung, weil nach § 6 Abs. 5 Satz 5 KAG-LSA Zuwendungen Dritter hälftig zur Deckung des „Beitragsan-teils“ der Stadt verwendet werden können, soweit der Zuwendungsgeber nichts anderes bestimmt hat.

Jedoch kann der Landesgesetzgeber keine Regelungen zu Lasten dritter öffentlicher Zuwendungsgeber (Bund/EU) treffen und auch die bundesrechtlich anerkannte     Vermutungsregelung nicht zu deren Lasten umkehren.Damit betrifft im Ergebnis diese Sonderbestimmung im KAG nur die Landesmittel von Sachsen-Anhalt und private Zuwendungen.

In der Praxis bestimmen Fördermittelbescheide – auch solche des Landes, insbesondere solche mit Kofinanzierung Bund/EU – fast durchgängig, dass von den Projektkosten die (erwarteten) Straßenausbaubeiträge der Anlieger abzusetzen sind und allenfalls der Restbetrag als förderfähig gilt.

Insofern handelt es sich bei der jetzigen Fassung des § 4 Abs. 3 der Straßenausbaubeitragssatzung um eine Regelung, die die derzeitige Rechts- und Gesetzeslage zutreffend widerspiegelt. Die unterschiedliche Behandlung von Zuwendungen je nach Mittelherkunft ist gerechtfertigt und daher beizubehalten.

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